Seidel down under
Seidel down under - Woche 07
Sometimes I have to embrace the madness

Wer sich auf einen Blog voller Ereignisse in dieser Woche freut… wird leider enttäuscht. Diese Woche war hart härter arbeiten angesagt. Aus diesem Grund möchte ich gerne Einblicke in meine Berufswelt geben

Montag, 9:06 Uhr Ortszeit Sydney Central Station – Michael Seidel steigt in den Zug Richtung Hornsby. Zehn Minuten und eine Zugfahrt über die Habour Bridge später endet die kleine Rundreise am Milsons Point. Die kleinen, unauffälligen Seitengassen vorbei an den Wolkenkratzern bzw. Hotels im XXL-Format beschleunigen den Weg Richtung Umkleide. Die Arbeitsuniform besteht aus Luna Park-Cap, blau-oranges Hemd, schwarze Hose und schwarze Schuhe. Natürlich darf das Namensschild nicht fehlen. Um 9:30 Uhr beginnt dann die “Daily Information“. Der Teamleiter erwähnt, wer  am aktuellen Tag als Park-Manager arbeitet, wer Rides 1 (Oberchef fürs Rides Department) und Team Leader (Chef fürs Rides Department) unterwegs sein wird. Das ganze wird natürlich von begeistertem Applaus begleitet, auch wenns eh immer dieselben Leute sind Danach wird vorgetragen, wie viele Gruppen mit wie vielen Leuten in den Park kommen werden – daran lässt sich gut festmachen, obs ein arbeitsreicher Tag sein wird. Als letzten Punkt kommt dann die Wettervorhersage. Die ist insofern wichtig, da die meisten Attraktionen nicht überdacht sind und bei starkem Regen geschlossen werden. Ebenso gibt’s anhand der UV-Richterskala Ratschläge, welche Sonnencreme reichen wird. Anschließend kommt der spannendste Teil des Morgens: Eine Tafel mit sämtlichen Attraktionen wird an die Wand gehängt. Jeder Attraktion sind Namen zugeordnet – die arbeiten für den Tag da. Zum Abschluss gibt’s noch eine gemeinschaftliche morgendliche Aktivität, da variierts aber jeden Tag. Mal ein Gruppenspiel, mal ein Gruppentanz vor allen Gästen, die schon im Park sind oder eine gemeinsame Fahrt im Tango Train – das ist besonders cool. Nicht nur, weil wir dafür bezahlt werden, sondern weil alle Gäste einer voll besetzten Leopardenspur exakt das selbe tragen, übelst Party machen und man somit mit noch mehr guter Laune an den Arbeitsplatz geht

Gute Laune ist von meinem Arbeitsplatz nicht weg zu denken. Dadurch, dass eh nur die Verrücktesten  bzw. „Personen mit maximaler Lebensfreude“ am Schluss auch wirklich die Jobs bekommen, wird ständig irgendwelche Scheiße gebaut Das tut aber wirklich gut, weil die Arbeit generell sehr monoton ist. Wenn man außerhalb vom Kinderparadies Coney Island arbeitet, ist das nicht so schlimm, weil man z.B. eine Attraktion beladen muss, dann fährt das Teil erstmal ne Weile, während du Pause hast, dann musst du die Fahrt noch entladen und erst dann geht’s wieder von vorne los. In Coney Island sagst du nem Kind, wie es die Rutsche mit ner Matte runter rutschen soll und drei Sekunden später kannst/musst dus dem nächsten Kind erklären. Meistens wechselt man so alle eineinhalb oder zwei Stunden die Attraktion innerhalb Coney Island, damit es nicht ganz soooo langweilig wird. Aber trotzdem vergeht die Zeit außerhalb Coney Islands wesentlich schneller

Innerhalb Coney Islands bekommt man auch die seltsamsten Menschen mit. Ich hab z.B. eine Mutter gebeten, ihre Tochter aus der Landebahn der Rutschen zu nehmen – die Rutschen wurden diese Woche frisch gewachst, die Rutschenden krachen mit vollem Karacho in die Auffangpolster. Dann hat die Frau so getan, als würd sie ihr Kind rausnehmen, ich hab mich weggedreht – und gleich wieder hingedreht und siehe da, die Mutter lässt ihr Kind wieder reinlaufen. Als ich sie erneut darauf angesprochen hab, bekam ich nur „ALTER, WAS WILLST DU VON MIR?!“  zuhören. Mir egal, wenn du willst, dass dein Kind von einem Rutschenden kräftigst gekickt wird… mir egal. Ne andere Frau hat mich am Wonkey Walk, einer Attraktion mit sich bewegenden Böden, voll zur Sau gemacht, weil sie in ihren Flip Flops nicht drüber laufen darf. Zitat: „Willst du mich verarschen? Ich zahl 50$ und darf nicht alles benutzen?“ Erstens… sooo geil ist das hier auch nicht. Zweitens hängt über dem Eingang zu Coney Island ein großes Schild, auf dem steht, dass man für manche Attraktionen geschlossene Schuhe braucht. Und vor der Warteschlange zum Wonkey Walk hängt auch nochmal ein Schild. Also bitte… o.O  Bis einschließlich Halloween haben wir Schauspieler, die als Zombies verkleidet sind, im Spiegellabyrinth. Zusätzlich sind alle Lichter in dem Labyrinth aus und es dürfen maximal 2 Gäste auf einmal rein, um den Gruselfaktor zu erhöhen (ich trau mich da nicht rein, ich pack ja nicht mal die Geisterbahn im Europa Park und die Zombies hier sind FETT gruselig). Eineinhalb Stunden vor Parkschluss mussten wir heute schon die Warteschlange dazu schließen, weil sich so viele Leute angestellt haben. Ein Typi ist dann voll ausgetickt, dass er ein Haufen Geld zahlen muss und dann nicht alle Attraktionen nutzen kann. Versteh ich ja, aber alles andere war ja noch auf. Und wenn wir eine Ausnahme machen, kommen mehr Gäste, die auch ne Ausnahme haben wollen. Letztens hab ich dann noch sich drehende Fässer bedient (Barrels of Fun) und hab ein Kind (8-10 Jahre maximal) gebeten, die Fässer zu verlassen, weil andere Kinder warten. Antwort: „Du hörst dich nicht an wie ein Australier, ich hör nicht auf dich!“ WAS GEHT BITTE AB?! Das sind aber nur die härteren Ausnahmen. Einen anderen Härtefall hatte ich dann gestern: Mein erster kotzender Gast!

Die Woche war allgemein sehr arbeitsintensiv. Ich hatte nur am Mittwoch frei und natürlich wurde ich von meinem Vermieter für diese Woche in den Putzplan für mein Shared Apartment eingetragen. Küche putzen, Bad putzen, überall Staub saugen, blabla halt. War ned so geil, dafür meinen einzig freien Tag zu opfern, aber ich habs überlebt Dadurch, dass ich dann nur noch gearbeitet hab, bin ich auf insgesamt so auf mehr oder weniger 58 Stunden in einer Woche dank der Schulferien hier gekommen, was ordentlich Geld gibt. Am Montag war zudem Feiertag, da ich gearbeitet hab, bekomm ich zu meinem Lohn 75$ Feiertagszuschlag. Ein Arbeitskollege hat mich gefragt, ob ich seine Schicht am Samstag machen kann (natürlich, aber du bekommst meine Schicht nicht, ich brauche das Geld). Mein Teamleiter kam zehn Minuten später zu mir und hat mich gefragt, ob ich nicht am Freitag ne Doppelschicht machen kann. Also hatte ich an zwei Tagen hintereinander eine Doppelschicht, heißt: 9:45 Uhr anfangen und 23:00 Uhr aufhören. Zwischendrin gibt’s zweimal 30 Minuten Essenspause, wobei nur die erste unbezahlt ist. Außerdem wird für die letzten zweidreiviertel Stunden der doppelte Lohn gezahlt, was bei meinem Stundenlohn nochmal gewaaaaltig mehr Money macht

All der Freude über das gute Geld zum Trotz – von Samstag auf Sonntag wurde hier auf Sommerzeit umgestellt, also eine Stunde weniger Schlaf. Ist ja nicht so, dass ich ne Doppelschicht arbeiten musste und am nächsten Tag um 9:45 Uhr wieder Schichtbeginn war o.O Ich hab jetzt erstmal bis einschließlich Donnerstag frei und werde die Möglichkeiten, auszuschlafen, gänzlich ausnutzen Außerdem muss ich meinen Körper etwas schonen… die letzten Tage hatten wir eine UV-Rate von 7-8 auf der Richterskala. Ich weiß leider nicht, wie hoch die in Deutschland normaler Weise ist. Auf jeden Fall hatte ich folgendes Erlebnis zum ersten Mal: Mein Gesicht hat gebrannt. Also so wirklich krank gebrannt. Ich war nicht rot im Gesicht oder so, aber total warm, man hätte mir ein Spiegelei auf der Backe braten können – und das obwohl ich den ganzen Tag mit Cap und Sonnencreme durch die Gegend gelaufen bin.

Was ich natürlich unbedingt noch erwähnen muss: Eigentlich war ich nur bis einschließlich heute (bis Ende der Ferien) eingestellt. Die Chefs haben von Anfang an gleich gesagt, dass ein paar von uns Neuen übernommen werden – und bis ich meine Zusage bekommen hab, bin ich vor Spannung gestorben. Aber ja, ich wurde übernommen Eigentlich wurde wirklich JEDER übernommen, der bleiben wollte, aber egal. Dadurch hab ich einen sicheren Arbeitsplatz, bis ich Sydney im Januar verlassen werde. Und zu Weihnachten gehen hier wieder Ferien los, da wird nochmal Power gearbeitet

Ich bin ziemlich froh, bleiben zu können – ich hab mich schon mit sehr vielen Arbeitskollegen angefreundet. Die sind alle so cool Einer hat letztens auf Facebook ne Umfrage gestartet, welche Haarfarbe er sich färben lassen soll. Jetzt schaut er aus wie Ronald McDonald Ein anderer hat mir heute auf Facebook ne Nachricht geschrieben: „Ich habe gemerkt, dass du zu Beginn etwas verstört durch mein Verhalten warst. Aber ich glaub, inzwischen magst du mich, das finde ich gut!“ Jemand anders hat in der Cafeteria Kaffee, Heiße Schokolade, Teebeutel, Salz, Pfeffer und Zucker miteinander gemixt – um am Ende festzustellen, dass es eklig schmeckt. ACH WAS Das ist allgemein so die Stimmung unter uns Arbeitskollegen… das ist echt ein lustiger Haufen voller Chaoten

Fest steht, dass ich bis Silvester ein Bett in einem Apartment samt Jacuzzi (den ich diese Woche aufgrund Zeitmangels nicht aufsuchen konnte… I miss u! Ich komm morgen zu dir <3 ) UND einen Arbeitsplatz habe. Fazit: Silvester in Sydney! Ein kleiner Vorgeschmack gefällig? Das war Silvester 2010 auf 2011 in Sydney (bei 0:06 sieht man rechts unter der Harbour Bridge was leuchten… da arbeite ich )

http://www.youtube.com/watch?v=iQGVrDfzSaU&feature=fvwrel


Liebste Grüße aus dem zeitweise +30° warmen Sydney,
Michael Seidel

genieß deine Zeit in Australien, aber komm bald wieder, wir vermissen dich! <3 Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
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